Donnerstag, 9. August 2012

PROMETHEUS


Die dunklen Zeichen sind überall. Monsterkindergärten, blutige Abtreibungen, Gottestod, in Ridley Scotts langerwartetem Sci-Fi-Spektakel geht es wild zur Sache.

Der „Alien“-Background wirkt im Nachhinein wie ein schlechter Marketing-Gag. Anfangs als offizielles Prequel angekündigt, wurde spätestens mit dem Titel „Prometheus“ offenbart, dass man doch was anderes vor hat. Gut, nun spielt Ridley Scotts neuer Film eben im selben Universum, aber wirklich viel gemein haben beide Filme nicht. Zwar orientiert sich „Prometheus“ visuell sehr stark am legendären Klassiker und nutzt auch eine ähnliche Dramaturgie, die sich nach dem Ableben der Crew richtet, dennoch macht der Film mit der ersten Szene klar, dass die Reise ganz wo anders hingeht.

Allein das erste Bild ist ein 1:1-Zitat aus Stanley Kubricks „2001“, danach folgt wie im Klassiker von 1968 eine Montage karger Landschaftsaufnahmen, die uns direkt zum Ursprung der Menschheit führen soll. 1979 als Ridley Scotts „Alien“ erschien, gab es kaum eine Nähe zu Kubricks Meisterwerk. Scotts Sci-Fi-Verständnis war ein anderes und ein originäres, was selbst später oft zitiert wurde, doch nun mit „Prometheus“ geschieht ein Quasi-Schulterschluss mit „2001“, was sehr verwirrend ist bzw. symptomatisch für den ganzen Film.  

„Prometheus“ ist einer der ungewöhnlichsten postmodernen Sci-Fi-Filme der letzten Jahre und ein ebenso schräger Blockbuster. Das „Alien“-Franchise dient hier wirklich nur als Nerd-Pleaser und kommerzielle Existenzberechtigung. Anders könnte man es sich nicht erklären, wie diese Megaproduktion überhaupt grünes Licht bekam. Genretechnisch und ästhetisch bleibt „Prometheus“ das gewünschte „Alien“-Prequel. Inhaltlich dagegen bewegt sich Scott mehr in Richtung der populären Sci-Fi-Literatur, rund um Space Operas und Ersatzreligionen. Wissenschaftlicher Hokus-Pokus, Nerd-Märchen und Sci-Fi-Fantasie mehr ist und will „Prometheus“ nicht sein. Das Beharren des Films stetig Verweise auf kommende Teile zu liefern und seine zig Fragen in unausgegorenen Anspielungen zu ertränken, erinnert eher an beliebte Groschen-Sci-Fi-Hefte in Serie. Kubrick machte damals aus Clarkes Roman einen Avantgarde-Film. Scott macht aus den großen Fragen der Menschheit einen populären Unterhaltungsfilm, wobei der Film, entgegen den Blockbuster-Regeln unserer Zeit, unangenehm offen bleibt und den Zuschauer dazu nötigt nachzudenken.

Scotts Film behandelt so vieles auf einmal. Es ist unklar, was er überhaupt erzählen will. Ursprung, Evolution, Robotik, in „Prometheus“ knallt das alles aufeinander in einem Sci-Fi-Horror-Mix, wie ihn die „Alien“-Fans erwarten, inklusive einer toughen Heldin. Noomi Rapace meistert Sigourney Weavers Schatten ungemein gut. Ohnehin interessiert sich der Film nur für zwei Figuren, sie und den Roboter, der von Michael Fassbender grandios interpretiert wird. David ist Fremder und dennoch Eingeweihter. Sein Name bezieht sich wahrscheinlich auf David Lean, den Regisseur von „Lawrence of Arabia“, den Fassbenders Figur am Anfang schaut und dessen Hauptfigur er sogar versucht nachzuahmen. Bis zuletzt bleibt David ein ambivalentes Wesen in seinem berührenden Drang den Menschen zu imitieren und dennoch emotional unnahbar zu bleiben. Er ist ein entrückter Charakter, der einzige wohlgemerkt dem man zutraut alle Geschehnisse völlig zu verstehen. Was David nun eigentlich dem „Engineer“ gesagt hat, bleibt auch wohl immer ein Geheimnis. Ein weiteres Geheimnis auf der Liste der vielen Geheimnisse, die „Prometheus“ vollkommen absichtlich schreibt.

Irgendwie erinnert das ganze an einen „The Tree of Life“ des Genrefilms oder zumindest an einen kommerziellen „2001“-Mutanten. Bei „The Dark Knight Rises“ und „The Hobbit“ konnte man sich denken, was man kriegt. „Prometheus“ zerstört diese Vorstellungen völlig, weshalb man den Film wohl mögen wird oder eben nicht. Trotzdem ist es doch gerade toll, mal wieder einen Blockbuster zu sehen, der nicht wie „Malen nach Zahlen“ aussieht. Ein Film, der sich nicht völlig nackig macht, der seine Furunkel und Geschwülste nur durch den hauchdünnen Stoff andeutet und auf das nächste Date vertröstet. „Prometheus“ ist ein Film der Wucherungen, voller Unkraut und spitzen Steinen, prätentiös, überladen und wundervoll.

Eine weitere Kritik gibt es auf CinemaForever

Wertung: 8/10

"Prometheus - Dunkle Zeichen"
US 2012
Ridley Scott
mit Noomi Rapace, Michael Fassbender, Charlize Theron


3 Kommentare:

  1. Was die Charaktere von Noomi Rapace und Michael Fassbender angeht, gebe ich dir Recht, was du leider außen vor lässt, imo, ist dass es wirklich die einzigen Charaktere sind, die ausgearbeitet wurden (und auch wenn Fassbenders Rolle die einzige wirklich interessante ist, ist sein Handeln doch so vorhersehbar als wäre alles in LED-Schrift auf seine Stirn geschrieben). Ansonsten ist die Charakterentwicklung völlig eindimensional und Background wird nur gegeben, um bestimmte Plotpunkte zu rechtfertigen (und danach vor allem genau so schnell wieder vergessen)

    Auf die Alien-Anspielungen hätten sie lieber komplett verzichten sollen, weil sie (bis auf einige wenige Ausnahmen) alle total gefailt haben, gerade das Ende.

    Ich glaube nicht, dass die Erwartungen darüber entscheiden, ob man den Film gut findet oder nicht. Ich bin ohne Alien-Erwartungen an die Sache rangegangen und war am Anfang auch guter Dinge (als Fassbender noch allein ist).

    Der Unterschied besteht für mich aber nicht darin, dass der Film kein Malen nach Zahlen ist...im Gegenteil, ich finde es ist gerade das Schlimme an diesem Film, dass er total nach dem aktuellen Hollywood-Schema F funktioniert. Was mich an diesem Film wirklich stört, ist dass er meine einzige Erwartung enttäuscht hat, nämlich die einen guten Film zu sehen. Es stimmt einfach nichts.

    Platte Charaktere, deren einzige Existenzberechtigung in den Plottwists liegt (die durchweg alle super vorhersehbar sind) und die deshalb auch ihre Ansichten und Intentionen wechseln wie Unterwäsche. Selbst Noomi Rapaces Charakter ist davon betroffen (Beispiel unten im markierten Spoiler-Teil). Dafür viel Effekthascherei.
    Furchtbare Logiklücken, die eh schon lange vorher gewussten Twists werden dem Zuschauer nochmal erklärt, für den Fall, dass er es nicht verstanden hat. Klischees über Klischees, die Charaktere sind teilweise nur schlecht aus den alten Teilen zusammengeklaut. Allgemein sind die Charaktere das, was dem Film das Genick bricht, weil fast keine Handlung eine andere Motivation hat als dem nächsten Twist zu dienen.

    Vor allem versteh ich beim besten Willen nicht, wie du eine 8/10 geben kannst. Geschmack hin oder her, aber selbst aus deinem Beitrag lese ich keine 8 Punkte raus. Na gut, vielleicht wird das ein Film, der die Gemüter spaltet.

    AntwortenLöschen
  2. SPOILER-TEIL!!!


    wer den Film nicht gesehen hat, hört hier auf zu lesen. Ehrlich hier werden wichtige Plotinfos verraten, die zwar jeder mit ein bisschen logischer Fähigkeit relativ schnell allein rausfindet, aber anyway. Ich übernehme keine Verantwortung für die, die hier weiterlesen...SPOILER!!!

    Noomi Rapace eröffnet ihrem Freund (ich hab den Namen vergessen^^) mitten im Film, dass sie keine Kinder gebähren kann, weil er den Spruch bringt, wie leicht es ist Leben zu erschaffen. Mal abgesehen davon, dass ihr Freund selbst so wirkt als hätte er es bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, wird dieser wichtige Punkt in der Charakterdarstellung schnell weggefickt (sic!) und dient nur dazu, sie später in die Mutterrolle zu zwingen. Aber auch das wird schnell wieder vergessen, denn was die Wissenschaftler da versuchen und wie sie sich davon rettet, hat keinerlei Auswirkungen auf die restliche Beziehung der Charaktere. Noomi Rapace spielt eigentlich nur auf der Meta-Ebene in der Mutterrolle, denn an ihr liegt es, das hanebüchene Drehbuch auszutragen.

    Noch ein Beispiel, die beiden ersten Opfer (der Geologe mit dem Iro und der Biologe), die sich absolut nicht nachvollziehbar verhalten. Der Biologe kann die Warnzeichen einer Kobra nicht deuten und deshalb sterben beide...und noch 6 oder 7 andere, vorher nur einmal im Hintergrund gezeigte Crew-Member deren einziger Zweck in dieser Kampfszene besteht (sowas passiert 3mal im Film...) Und dass diese beiden sterben liegt nur an einer an den Haaren herbeigezogenen, nicht gezeigten Sexszene zwischen dem Captain und Charlize Theron.

    Naja und ein letztes Beispiel, ein Beispiel wie die "Anspielungen" an den ersten Teil den Film ruiniert haben. In dem Moment, in dem Fassbender den Navigatorraum betritt, weiß man, dass noch mindestens einer der Konstrukteure lebt (weil man das Bild aus Alien kennt, auch wenn sie selbst diesen Anschluss am Ende verkacken...) und als er die Erde in der Sternenkarte sieht (und vorher die Lager mit der Alien-Ursuppe), weiß man auch, was die Konstrukteure vorhaben.

    Also beim besten Willen, ich kann einfach nicht nachvollziehen, was du an diesem Film gut findest...

    AntwortenLöschen
  3. etwas licht ins dunkle kann ich bringen. es steht fest, was david zum letzten konstrukteur sagt:

    http://thebioscopist.com/2012/06/20/the-linguistics-of-prometheus-what-david-says-to-the-engineer/

    AntwortenLöschen